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Thesenpapier zur EU-Pauschalreiserichtlinie

Kunden verstehen Reisevermittler als Service Partner und nicht als zusätzliche Haftungsstelle für Mängel bei Leistungserbringern.

Kritik der Verbände an der EU Pauschalreiserichtlinie ist berechtigt.

Sie wird ungehört bleiben oder der Branche nur wenig helfen. Warum?

 

Trotz der Erfahrung aus der Vergangenheit, haben die Verbände nur bedingt dazu gelernt. Der Zusammenschluss einer Vielzahl von Verbänden mag ein erster löblicher Schritt sein, um mit Nachdruck auf sachliche Fehler hinzuweisen. Allerdings fehlen für die Politik und insbesondere die Gesetzgebungsorgane Handlungsempfehlungen, die einer Sinn stiftenden Richtlinie zu Grunde gelegt werden sollten. Nur Kritik üben ohne Lösungsvorschläge zu unterbreiten, ist wenig hilfreich. Insbesondere dann, wenn es um Verbraucherschutz geht und die Entscheider in diesem Kontext vornehmlich selbst Verbraucher sind.

Will man also das Schlimmste verhindern und es droht ja einiger Ungemach nach den jetzt vorliegenden Entwürfen, sollte man neben der berechtigten Kritik auch Lösungsansätze einbringen, die dem Verbraucher und der Branche dabei helfen seriöse Anliegen auch seriös zu behandeln.

Wie könnte eine sinnvolle Strategie aussehen?

Als Lösungsansatz und hier finden sich sogar zarte Ansätze in dem Entwurf zur EU-Pauschalreiserichtlinie wieder, wäre ein effektives Beschwerdemanagement zu Gunsten des Verbrauchers, das ihn in die Lage versetzt, diejenigen Leistungsträger (Airlines, Beherbergung und Reiseveranstalter) in Anspruch zu nehmen, die auch gesetzlich für ihre Pflichten in Haftung zu nehmen sind und nicht diejenigen die örtlich am einfachsten zu greifen wären.

Die Verlagerung oder Ausweitung von Haftung auf dem Vermittler soll dem eigentlichen Ziel des Verbraucherschutzes dienlich sein?

Ein schwerer Trugschluss, weil Haftungserweiterung dazu führen kann, dass bestimmte Dienstleistungen oder Produkte, die vom Verbraucher nachgefragt werden, dort nicht mehr angeboten werden könnten, wo er Sie gerne in Anspruch nehmen möchte.

Ein Beispiel:

Damit der Vermittler online oder offline nicht in eigene Haftung gerät, müsste er dem Kunden sagen, „wir sehen uns in drei Stunden wieder, damit ich Ihnen diese Einzelleistung verkaufen kann.“ (sog. 3 Stunden Regel)

Will man also wirksamen effektiven Verbraucherschutz bieten so stellen sich andere für die Reisenden viel wichtigerer Fragen.

Der Lösungsvorschlag:

Besser und im Interesse des Verbrauchers wäre ein System, dass diejenigen Unternehmen verpflichtet, die ihrer Rechtspflicht bei berechtigten Mängeln, gegenüber dem Verbraucher zu entgehen versuchen.

Hier wäre es an den Verbänden und der Branche einen Lösungsansatz so zu formulieren, dass dieser sowohl im Interesse des Verbrauchers als auch im Interesse einer seriös arbeitenden Tourismusindustrie steht. Die Lösung könnte vergleichsweise einfach sein, wenngleich sie einen Konsens unter den Tourismusunternehmen finden sollte.

Ein konkreter Vorschlag

Ein verpflichtendes Beschwerdemanagement System (unter behördlicher Aufsicht):

  1. Jedes Unternehmen (Fluggesellschaften und Reiseveranstalter sowie alle Dienstleister, die touristisch Leistungen innerhalb der EU anbieten) ab einer zu bestimmenden Größe, sollte gesetzlich verpflichtet werden in dem jeweiligen Land, in dem die Leistung angeboten und erbracht wird, ein Beschwerdemanagementsystem in der Sprache des jeweiligen Mitgliedslandes vorzuhalten. (Anbieter innerhalb der EU verweigern sich zum Teil Ansprüche in der Sprache des Kunden anzunehmen und bestehen auf die Sprache Ihres Unternehmenssitzes.)
    1. Dies würde bedeuten:
      1. eine Kontaktmöglichkeit in der Sprache des Kunden und in dem Land in dem der Kunde die Leistung gebucht hat. (Untauglich ist die Annahme eine Webseite, die eine Eingabemaske für Schadensanzeigen bietet, könnte ausreichen. Hier versanden die Anliegen der Kunden nur allzu gerne.) Notwendig sind E_Mails, Fax-Nummern oder Adressen!
      2. die Verpflichtung des Unternehmens, im Rahmen bestimmter Fristen auf die Ansprüche und Mängelanzeigen der Verbraucher zu reagieren (6-8 Wochen) und zu einem (wenn auch vorläufigen) Abschluss zu bringen.
  2. Bei Nichteinhaltung derartiger Vorgaben, wäre eine Behörde (Ähnlich der Netzagentur) zu bestimmen, gegenüber der der Verbraucher oder die von ihm beauftragten Unternehmen anzeigen können, dass das jeweilige Unternehmen die Fristen bzw. Vorgaben verletzt hat.
  3. Die Behörde sollte in Fällen grober Missachtung der Vorgaben befugt sein, eine Geldbuße (strafbewährte Sanktion) auszusprechen.
  4. Führt ein solches Beschwerdeverfahren nicht zu einer Befriedigung des Verbrauchers, stünde diesem der Gerichtsweg offen.
  5. Das Beschwerdeverfahren könnte durch Datenbanken flankiert werden, in denen die Unternehmen oder neutrale Quellen mögliche Ursachen für Störungen bei Reisen erfassen und kostenfrei den Konsumenten zur Verfügung stehen. Bspw. Vorfälle der höheren Gewalt, Technische Mängel oder Wetterbedingungen etc. werden erfasst und kostenfrei den Konsumenten zur Überprüfung seines Anspruches zur Verfügung gestellt.
  6. Die Einführung eines Sicherungsfonds, der für diese Unternehmen steht und für den Fall berechtigter Ansprüche des Endkunden in Anspruch zu nehmen ist und von den jeweiligen Leistungsträgern so abgesichert wird, dass keines der teilnehmenden Unternehmen benachteiligt wird.

Mit einer solchen Regelung würde ein ernsthafter und effizienter Beitrag im Interesse sowohl der EU als auch des nationalen Gesetzgebers sowie der Verbraucher erbracht werden.

Damit könnte die ursprüngliche Systematik, wonach jeder Teil der Wertschöpfungskette für die eigenen Obliegenheiten haftet, wieder hergestellt werden. Und insbesondere könnten die vermittelnden Reisebüros und Onlineportale Ihrer originären Dienstleistung nachgehen, ohne ständig über Haftung für Dritte nachdenken zu müssen.

Der Kunde sucht Service im Vertrieb und er sieht die Haftung für Reisemängel bei Reiseveranstaltern und Leistungsträgern. Diese grundlegende Rollenverteilung sollte mit sinnvollen Maßnahmen flankiert werden ohne bestehende Systeme auf Seiten der Touristik zu gefährden.

Wir hoffen mit diesem Thesenpapier einen Anstoß geleistet zu haben und vielleicht mag der ein oder andere feststellen, dass dieser Ansatz nicht nur Haftung vermeidet, sondern auch Kosten spart und gegenüber dem Verbraucher sogar geeignet ist, Vertrauen zu gewinnen.

 

Christoph Dippe, Geschäftsführer                                                   Dr. Regina Kailich, Rechtsanwältin

Sandra Erdmann,  Rechtsanwältin                                                 Stephan Busch, Rechtsanwalt

 

Hamburg den 05. März 2024

 

Recht auf Reisen ist ein Start-Up aus Hamburg, dass in 2020 gegründet wurde und sich mit der Schadenbearbeitung von Reisemängeln und anderen bei Reisen auftretenden Problemen befasst.

Recht auf Reisen GmbH (www.recht-auf-reisen.de), Am Weiher 23, 20255 Hamburg

Tel.:   +49 (0) 402 853 055 40, Fax.: +49 (0) 402 853 055 45, E-Mail: info@recht-auf-reisen.de

 

Geschäftsführer:

Christoph Dippe

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